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152. Herzensbilder-Einsatz bei Chris

Es ist eine Pflegefachfrau, die mich anruft. Bei ihnen auf der Intensivstation sei ein Junge nach einem schweren Verkehrsunfall in kritischem Zustand eingeliefert worden und es wäre ganz kostbar, ein Fotoengel könnte kommen.

Am liebsten gleich sofort.

Ein ganz schwerer Einsatz.

Da sind Familienangehörige, die fassen müssen, was passiert ist. Die fassen müssen, dass ihr eben noch kerngesunde Junge, Chris, nun in kritischem Zustand da liegt, dass nichts mehr so ist heut abend, wie es heut morgen war. Ihnen zu begegnen, mit ihnen zusammen die so wichtigen Bilder zu machen, das braucht unendlich viel Mut, das ist eine ganz ganz schwierige Aufgabe. Das braucht ganz viel Feingefühl und ganz viel „Stark-sein“.

Zeit, es sich in Ruhe zu überlegen, ob man sich das zutrauen würde, bleibt keine.

Fotoengel Nadine Haltner (http://www.einskommavier.ch ) sagt sofort zu, hier Fotoengel zu sein und steigt sofort ins Auto. Fährt einfach los, es ist schon spät. Das Herz, das so sehr klopft. Es dennoch zu tun, einfach weil da Familienangehörige sind, für die es so wichtig sein wird. Diese Intensivstation einfach zu betreten, unwissend, was einen genau erwarten wird, unwissend, wie die Angehörigen reagieren werden. Das braucht so viel Mut. Das ist alles andere als selbstverständlich.

Allergrösste Hochachtung, liebe Nadine, und ein unendlich grosses Dankeschön. Du bist da, machst ganz viele feinfühlige Bilder dieses Momentes irgendwo zwischen Himmel und Erde. Danke, danke, danke.

Du schreibst danach: „Ich bin sehr froh, dass ich den Mut aufgebracht habe, diesen Einsatz zu machen. Auch wenn es sehr traurig war, ich würde es sofort wieder tun. Meine Gedanken sind noch immer bei Chris und seiner Familie. Ich brenne gerade viele Bilder auf DVD. Ich habe sie alle auch noch zusätzlich in schwarz-weiss gemacht, weil ich diese Möglichkeit eines anderen Eindruckes auf ein Bild der Familie nicht vorenthalten wollte und schicke sie dann mit vielen lieben Gedanken auf die Reise zu den Angehörigen.

Und dann schickst du die DVD auf ihre Reise.

Kurz nach deinem Besuch hat Chris seine Flügel aufgespannt. Seine Verletzungen waren zu schwer. Er hatte keine Chance.

Deine Bilder, die wohl die letzten sind, die von ihm und seinen Lieben gemacht worden sind.

Wie unendlich kostbar ist es, die mitnehmen zu dürfen auf den unendlich schweren Weg ohne ihn.Wie unendlich kostbar ist es, sie anschauen zu können, um zu fassen, um zu verstehen, um zu trauern.

Alles geschah so schnell. Alles geschah, ohne dass man sich darauf vorbereiten konnte. So surreal muss es sein, so wie ein Albtraum, aus dem man wieder erwachen möchte. Die Bilder halten die Liebe und Nähe seiner Angehörigen zu ihm fest.

Dann kommt ein Mail von der Pflegefachfrau, die uns kontaktiert hat.

„Vielen Dank für den so kurzfristigen Fotoengel-Einsatz, die Familie ist sehr froh und dankbar darüber. Ich war sehr erstaunt, wie schnell ein Fotoengel bei uns war und wie der Situation angepasst der Einsatz abgelaufen ist. Wir waren wirklich begeistert, wie unkompliziert und rasch alles abgelaufen ist. Vielen vielen lieben Dank, ihr seid super ! Vielen Dank, dass ihr solche Erinnerungen ermöglicht !“

Liebe Nadine, du hast das so wundergut gemacht. Hast ihnen so viele Bilder geschickt. Und warst mit deinem ganzem Herzen bei ihnen. Danke, danke, danke für deinen riesengrossen Mut….danke, danke, danke für dein sofortiges Zusagen und losfahren…

Liebe Familie von Chris, eine Kerze hat gebrannt für euch, als Fotoengel Nadine bei euch war und in den Tagen danach. In ganz grosser Verbundenheit. Wahnsinn ist es, das, was euch passiert ist. Übermenschlich viel Kraft braucht es, da dennoch einen Schritt nach dem anderen zu machen in diesem neuen Leben, das so anders ist. Dieses neue Leben, in dem alles in Scherben liegt, weil da ein innigstgeliebtes Kind so sehr fehlt. Dieses neue Leben, in dem von einem Moment auf den anderen nichts mehr war wie zuvor. So sehr wünsche ich euch, dass ihr nicht alleine seid. Dass Menschen da sind, die euch stützen und tragen und die einfach da sind. Es tut so unendlich weh, dass kann einem niemand abnehmen. Worte des Trostes gibt es nicht. Aber die Menschen können einen wenigstens einpacken in Herzenswärme und in Verlässlichkeit, da zu sein und da zu bleiben, auch wenn alles unendlich schwierig ist und bleibt. Das wünsche ich euch so sehr.

In Gedanken bin ich ganz oft bei euch und hoffe, dass es in allem Schmerz kostbar für euch ist, diese letzten Bilder zu haben.

Alles alles Liebe….

Nach vielen Monaten kommt ein Mail von der Mama von Chris. Sie bittet mich, hier noch hinzuzufügen, dass sie sich so sehr bedanken möchten bei den Ärzten und Pflegenden des Spitals Chur für ihre ausserordentlich liebe Betreuung und Anteilnahme. Und dass sie sich so sehr bedanken möchten bei Swisstransplant (http://www.swisstransplant.org)  für ihre besondere Betreuung und Anteilnahme. „Chris hat nach seinem Herz-und Hirntod vier Menschen seine Organe gespendet“, schreibt die Mama. Was für eine berührende, zutiefst beeindruckende Entscheidung….wie unendlich kostbar für diese vier Menschen…

und dann schreibt die Mama weiter: “Die Bilder sind so kostbar, weil sie eine Momentaufnahme der so kostbaren Stunden sind, in denen Chris noch geatmet hat. So halten sie einige dieser so wertvollen Atemzüge fest, die uns als Familie die Möglichkeit gegeben haben, uns noch von ihm verabschieden zu können und dafür sind wir so dankbar“, schreibt die Mama.

(Bilder bleiben bei der Familie)